Ausgleichung bei gesetzlicher Erbfolge und Pflichtteil

Informationen zu Erbrecht, Pflichtteil und Ausgleichung bei zu Lebzeiten erhaltenen Geschenken

Die Ausgleichungungsregeln sind allgemein wenig bekannt und werden - auch von Juristen - häufig übersehen. Die Ausgleichung findet nach § 2050 BGB bei gesetzlicher Erbfolge unter Abkömmlingen des Erblassers statt und hat nach § 2316 BGB auch für den Pflichtteil Bedeutung. Anders als die Anrechnung bedarf die Ausgleichung keiner Anordnung durch den Erblasser, sondern gilt kraft Gesetzes auch bei sog. Ausstattungen. Wenn die Eltern ihrem Kind zur Hochzeit ein Baugrundstück, zur Geschäftsgründung 10.000 ` eine Villa im Grunewald schenken - all diese Leistungen sind (in der Sprache des BGB von 1899) "mit Rücksicht auf die Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von Vater oder Mutter zugewendet " und damit Ausstattung im Sinne des  § 1624 BGB.

Im Gegensatz zur Anrechnungsbestimmung hat die Ausstattung nicht nur Wirkung auf den "ausgestatteten" Pflichtteilsberechtigten, sondern auch auf die anderen Abkömmlinge. Der Ausgestattete muss sich das Geschenk nicht nur "anrechnen lassen", sondern es sogar gegenüber den anderen Abkömmlingen "ausgleichen". Andererseits führt die Ausgleichung nicht zu einer Entlastung des Erben als Schuldner des Pflichtteils, sondern nur zu einer Verschiebung unter den Miterben. Wie dies geschieht, steht zwar in § 2055 BGB, kann aber eigentlich nur anhand eines Beispiels erläutert werden:

Beispiel: Der verheiratete Erblasser hatte zwei Kinder. Der Erblasser stirbt und hinterläßt einen Nachlass im Wert von 220.000 `, wobei ein Kind 20.000 ` nicht unter Anrechnungsbestimmung, sondern für die Geschäftsgründung bekommen hat.

Als erstes wird der Erbteil der Kinder unter Berücksichtigung der Ausgleichung berechnet. Hierzu wird nur der Nachlassanteil der Kinder bewertet und das ausgleichungspflichtige Geschenk hinzugerechnet: 220.000 ` (Nachlasswert)

hiervon steht den Kinder insgesamt ½ zu, also: 110.000 `

20.000 ` (ausgleichungspflichtiges Geschenk) = 130.000 ` (Ausgleichungsnachlass)

Von dem (den beiden Kindern zustehenden) Ausgleichungsnachlass bekäme bei gesetzlicher Erbfolge jedes Kind die Hälfte, also 65.000 `. Der Ausgleichungspflichtige muss sich auf den (fiktiven - er ist ja enterbt) gesetzlichen Erbteil seine Ausstattung anrechnen lassen, so dass sich folgende gesetzliche Erbteile ergäben:

(fiktiver) Erbteil des Kindes ohne Ausstattung: 65.000 `

(fiktiver) Erbteil des Kindes mit Ausstattung: 65.000 ` - 20.000 ` = 45.000 `

Insgesamt bekommen die Kinder also durch die Ausgleichung bei gesetzlicher Erbfolge 110.000 `. Obwohl sie jeweils Erbe zu 1/4 sind, bekommt das eine Kind aber nur noch 65.000 `, das andere nur 45.000 `. Im Ergebnis wird damit erreicht, dass beide Kinder von Ihren Eltern gleich viel bekommen haben: 65.000 `.

Die Ausgleichung ist auch bei Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen. Von dem Ausgleichungserbteil beträgt der Pflichtteil je 1/2, also:

Pflichtteil des Kindes ohne Ausstattung: 32.500 `

Pflichtteil des Kindes mit Ausstattung: 22.500 `

Insgesamt 55.000 `. (Wie oben gezeigt führt die Ausgleichung also dazu, dass der nicht "ausgestattete" Kind 10.000 ` mehr bekommt als das andere Kind. Man könnte sagen, es bekommt auch von der Ausstattung (20.000 `) die Hälfte als Pflichtteil.

01.05.2009, Rechtsanwalt Sebastian Höhmann, Fachanwalt für Erbrecht



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