04.08.2016: Erbschaftssteuervermeidung nach dem Erbfall

Finanzgericht Schleswig-Holstein lässt Abzug verjährter Pflichtteilsansprüche las Nachlassverbindlichkeiten zu.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 04.05.2016 (Az. 3 K 148 / 15) eine praktisch wichtige Frage im Sinne der Steuerpflichtigen entschieden, die bisher vom BGH offen gelassen wurde. Da das hessische Finanzgericht am 03.11.2015 zum (Az. 1 K 1059/14) gegenteilig geurteilt hatte, wird die Sache wohl zum BFH gehen.

 Worum geht es?

Das Berliner Testament ist eine der beliebtesten Testamentsformen von Verheirateten, die ihr Vermögen erst dem Ehegatten und erst danach den Kindern zukommen lassen wollen. Erbschaftsteuerlich ist diese Gestaltung, gerade bei größeren Vermögen, häufig nicht ratsam, da sie einen doppelten Steuernachteil bringt: Der Vermögensübergang wird 2x besteuert - vom Erstversterbenden zum Zweitversterbenden und dann zu den Kindern und die Freibeträge der Kinder nicht ausgenutzt.

Das geltende Erbschaftsteuerrecht ist indessen ein Paradies für findige Berater – ein Wirtschaftsweiser hat die Erbschaftssteuer daher schon einmal als „Dummensteuer“ tituliert – die auch hier findige Lösungen parat hatten. Beim Berliner Testament werden die Kinder beim ersten Erbfall ja enterbt, so dass ihnen theoretisch der Pflichtteil zustünde. Wenn es brave Kinder sind, machen diese den Pflichtteil allerdings zu Lebzeiten nicht geltend. Bereits mit Urteil vom 19.02.2013 (Az. II R 47/11, ZEV, 2016, 404) hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Pflichtteilsanspruch nach dem ersten Elternteil auch nach dem Erbfall des zweiten Elternteils auch dann noch steuermindernd geltend gemacht werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte selbst Erbe ist und er den Anspruch quasi gegen sich selbst machen muss. Eine wirtschaftliche Belastung ist damit nicht verbunden, der Pflichtteilsberechtigte bekommt den Pflichtteil nach dem ersten Elternteil von sich selbst als Erbe nach dem zweiten Elternteil und kann damit die oben genannten Steuervorteile in Anspruch nehmen. Der BGH hatte allerdings bisher den Fall nur für die Konstellationen entschieden, in denen der Pflichtteil noch nicht verjährt war, seit dem Tod des ersten Elternteils also nicht mehr als 3 Jahre vorbei war. Nun hat sich das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht auf den Standpunkt gestellt, auch wenn der Pflichtteil schon verjährt sei, könne er steuermindernd geltend gemacht werden. Würde diese Auffassung vom Bundesfinanzhof bestätigt, ergäbe sich in allen Fällen des Berliner Testaments erhebliches Steuersparpotential.

Zusammenfassung

Der Fall zeigt erneut, wie wichtig gute erbschaftsteuerlicher Beratung nach dem geltenden Erbschaftsteuergesetz ist und wie viel wichtiger es wäre, ein gerechtes Erbschaftsteuersystem zu schaffen, dass die Höhe der Steuern nicht von der Qualität der Berater, sondern der Höhe des vererbten Vermögens abhängig macht.

 

4. August 2016

Rechtsanwalt Sebastian Höhmann, Fachanwalt für Erbrecht


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