Frankreich

und deutsch-französisches internationales Erbrecht

siehe auch

  • Frankreich – Erbschaftsteuer
  • Frankreich (Rechtslage für Erbfälle bis 16.08.2015)

Erbstatut

Für alle Erbfälle ab dem 17.08.2015 gilt zur Beantwortung der Frage, welches nationale Erbrecht in einem internationalen Erbfall anwendbar ist, in Frankreich und Deutschland die EU-Erbrechtsverordnung. Diese besagt im Grundsatz, dass das Recht des Staates anwendbar ist, in dem der Erblasser bei seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, soweit er nicht duch Testament das Recht seiner Staatsangehörigkeit gewählt hat. Dee früher bestehenden Unterschiede im deutsch-französischen Recht gibt es danach nicht mehr, ebensowenig die sog. Nachlassspaltung wegen der besonderen Behandlung von Grundstücken. Nähere Einzelheiten zu den Regelungen der EU-Erbrechsverordnung finden Sie → hier.

Materielles Erbrecht

Das materielle Erbrecht ist im Code Civil (CC) geregelt, der aus Napoleons Zeiten stammt. Erst 2001 und dann nochmals 2007 wurde es grundlegend neu geregelt. Hier wird nur noch die ab 01.01.2007 geltende Rechtslage dargestellt.

Testamente/letztwillige Verfügungen: Nach französischen Recht sind nur Einzeltestamente zulässig; die nach deutschem Recht zulässigen gemeinschaftlichen (Ehegatten-) Testamente (zum Beispiel das „Berliner Testament „) und Erbverträge gibt es in Frankreich nicht. Sie sind nach französischem Recht nichtig (Art. 968 cc).

Allerdings betrachtet das französische Recht das Verbot des gemeinschaftlichen Testaments als Frage der Testamentsform. Nach dem Haager Testaments Übereinkommen, dem Frankreich beigetreten ist, gelten eigentlich formunwirksame Testamente gleichwohl,  wenn sie im Heimatland des Erblassers oder am Ort der Errichtung formwirksam wären. Ein in Deutschland wirksam errichtetes gemeinschaftliches Testament ist danach auch in Frankreich gültig, entfaltet aber anders als nach deutschem Recht keinerlei Bindungswirkung der Ehepartner. Anders liegt die Frage bei Erbverträgen: Diese werden nicht nur als Testamentsform betrachtet, so dass sie nach französischem Erbrecht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nichtig sind. Es ist also dringend Vorsicht geboten, wenn die Erbfolge bei Auslandsbezug zu Frankreich nicht durch Einzeltestamente geregelt werden soll.

Die gesetzliche Erbfolge der Verwandten – nicht die des Ehegatten – ist ähnlich der deutschen gesetzlichen Erbfolge geregelt. Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (also leibliche Kinder und Kindeskinder), Erben zweiter Ordnung sind die Eltern und Geschwister des Erblassers sowie deren Abkömmlinge, Erben dritter Ordnung sind die Großeltern und Erben vierter Ordnung entferntere Verwandte. Personen vorangegangener Ordnungen schließen Personen nachrangiger Ordnungen von der Erbfolge aus (Art. 734 CC). Hiervon gibt es eine Ausnahme: Hinterlässt der Erblasser keine Abkömmlinge und keine Geschwister und lebt nur noch eine Elternteil, so erbt dieser nur zur Hälfte, die andere Hälfte erben die Verwandten des vorverstorbenen Elternteils (Art. 738 CC); entsprechend gilt auch, wenn weder Erben der ersten, noch der zweiten Ordnung vorhanden sind (Art. 747 CC).

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist unabhängig vom ehelichen Güterstand, aber grundlegend abhängig davon, ob einseitige oder gemeinsame Kinder vorhanden sind. Sind gemeinsame Kinder vorhanden, hat der überlebende Ehegatte bei gesetzlicher Erbfolge ein Wahlrecht: Er erbt 1/4 des Nachlasses zu Eigentum oder den gesamten Nachlass als Nießbraucher, das heißt er wird nicht Eigentümer, sondern kann lediglich zu seinen Lebzeiten die laufenden Nutzungen (Zinsen, sonstige Einnahmen, Nutzungsmöglichkeit des Eigentums) für sich beanspruchen (Art. 757 CC). Auf Verlangen der übrigen Miterben muss der Ehegatte sein Wahlrecht binnen drei Monaten geltend machen. Trifft er keine Wahl, so erhält er das Nießbrauchsrecht. Sind auch „einseitige“ Kinder des Erblassers vorhanden, ist die Wahl des Nießbrauchs nicht möglich, der Ehegatte erbt 1/4 des Nachlasses zu Eigentum. Hintergrund ist, dass zwischen Stiefkindern und dem überlebenden Ehegatten – erfahrungsgemäß eine nicht einfache Konstellation – klare Verhältnisse herrschen sollen und nicht ein konfliktträchtiges Nießbrauchsverhältnis. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erbt der Ehepartner neben beiden Eltern zur Hälfte, neben nur einem noch lebenden Elternteil zu 3/4 und wenn kein Elternteil mehr lebt allein.

Pflichtteil: Pflichtteilsberechtigte sind nur die Abkömmlinge des Erblassers und – falls keine Abkömmlinge vorhanden sind und nur dann – der Ehegatte. Anders als im deutschen Recht ist der Pflichtteil kein schuldrechtliche Anspruch gegen den Erben, sondern ein gesetzliches Mindesterbrecht. Im Umfang des Pflichtteils ist dem Erblasser die Verfügung über sein Vermögen entzogen. Ist nur ein Abkömmlinge vorhanden, kann der Erblasser nur über die Hälfte seines Vermögens verfügen, sind zwei Abkömmlinge vorhanden, nur über 1/3 und sind drei oder mehr Abkömmling vorhanden, nur über 1/4. Anders gesagt: Ein einzelnes Kind erhält kraft Gesetzes einen Anteil am Nachlass von 1/2, zwei Kinder von jeweils 1/3 und drei Kinder von jeweils 1/4. Über diese Anteile kann der Erblasser grundsätzlich nicht verfügen. Nur dem Ehegatten kann er abweichend hiervon durch Verfügung von Todes wegen den Nießbrauch am gesamten Nachlass einräumen oder Eigentum an einem Viertel des Nachlasses zuzüglich Nießbrauch an dreiviertel des Nachlasses (Art. 1094 CC).

Sind keine Abkömmlinge vorhanden, so hat der Ehegatte ein Pflichtteilsrecht von einem Viertel.