Erbrecht in Liechtenstein

und deutsch-liechtensteinisches internationales Erbrecht

Erbstatut: Welches Erbrecht – deutsches oder liechtensteinisches – findet Anwendung?

Die Regelungen des liechtensteinischen Rechts über das anwendbare Recht in internationalen Erbfällen (Erbstatut) scheinen auf den ersten Blick einfach, sind in Wahrheit aber kompliziert.

Gemäß Artikel 10 des lichtensteinischen IPRG gilt der Grundsatz, dass das Heimatrecht des Erblassers für den Nachlass Anwendung findet. Dies stimmt mit der deutschen Regelung überein, so dass in deutsch-liechtensteinischen Erbfällen zunächst ein Gleichlauf zu herrschen scheint. Allerdings gibt es von dem Grundsatz eine bedeutende Ausnahme. Gemäß Artikel 29 Abs. 2 liechtensteinisches IPRG findet das liechtensteinische Erbrecht nämlich auch dann Anwendung, wenn eine sogenannte Verlassenschaftsabhandlung, d.h. ein Nachlassverfahren, vor dem zuständigen liechtensteinischen Landgericht durchgeführt wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Liechtenstein und/oder dort Grundbesitz hatte. Auch in diesen Fällen findet somit das liechtensteinische Erbrecht Anwendung.

Grundsätzlich ist damit davon auszugehen, dass auch bei einem ausländischen Erblasser, der seinen letzten Wohnsitz oder Grundvermögen in Liechtenstein hatte, sich das liechtensteinische Landgericht mit dem Fall befassen wird und so insgesamt liechtensteinisches Erbrecht zur Anwendung kommen wird.

Hatte ein deutscher Erblasser also Grundvermögen oder seinen letzten Aufenthalt in Liechtenstein, kommt es nach liechtensteinischem internationalem Erbrecht zu einem anderen anwendbaren Erbrecht als nach deutschem internationalem Erbrecht (sogenannter Entscheidungsdissens). Das liechtensteinische Recht lässt allerdings eine Rechtswahl des testamentarischen Ausländers für sein Heimatrecht zu, so dass diese Verwerfungen verhindert werden können und sollten.

Da Liechtenstein klein ist, also verhältnismäßig wenig Grundeigentümer und verhältnismäßig wenig Einwohner hat, ist die faktische Verbreitung dieser Fälle nicht so groß. Sehr weit verbreitet sind dagegen die Fälle, wo ausländische Erblasser sonstiges Vermögen in Liechtenstein haben, namentlich z.B. indem sie Vermögen in eine liechtensteinische Stiftung eingebracht haben. War ausschließlich derartiges „bewegliches“ Vermögen vorhanden, kommt auch das liechtensteinische Recht zur Anwendung des Heimatrechts des Erblassers, so dass ein Entscheidungsgleichlauf mit dem deutschen Recht gegeben ist.

Liechtensteinisches Erbrecht

Gesetzliche Erbfolge: Aus historischen Gründen lehnt sich das liechtensteinische Erbrecht eng an das österreichische Erbrecht an.

Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten richtet sich nach Ordnungen, wobei bei Vorhandensein von Erben niedrigerer Ordnung die Erben höherer Ordnungen ausgeschlossen werden. Mehrere Kinder erben zu gleichen Teilen. Die näher verwandten Abkömmlinge schließen jeweils die weiter entfernten Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Kommt ein Kind nicht zur Erbfolge, so treten an dessen Stelle seine Abkömmlinge. Erben der 1. Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (also Kinder, Adoptivkinder, uneheliche Kinder, Enkel, Urenkel, etc.). Erben 2. Ordnung sind die Eltern und deren Abkömmlinge, Erben 3. Ordnung die Großeltern und deren Abkömmlinge und Erben 4. Ordnung die Urgroßeltern. Andere Verwandte gelangen nicht zur Erbfolge.

Zu beachten ist daneben gegebenenfalls ein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten, der neben Erben der 1. Ordnung Erbe zu 1/3 ist, neben Erben der 2. Ordnung und 3. Ordnung Erbe zu 2/3. Neben Abkömmlingen von Großeltern oder noch entfernteren Ordnungen erbt der Ehegatte allein. Daneben hat der Ehegatte das Recht weiter in der gemeinsamen Ehewohnung zu wohnen und erhält die zur Fortführung seiner bisherigen Lebensverhältnisse notwendigen Haushaltsgegenstände vorab aus dem Erbe.

Pflichtteilsberechtigt können nach liechtensteinischem Erbrecht die Abkömmlinge des Erblassers, die Eltern und der Ehegatte sein. Ein Pflichtteilsrecht besteht nur, soweit die betreffende Person bei gesetzlicher Erbfolge Erbe geworden wäre, für Eltern also nur, wenn keine Kinder vorhanden sind. Wie im deutschen Recht ist das Pflichtteilsrecht nicht als Noterbrecht ausgestaltet, sondern als Geldforderung gegen die Erben. Die Kinder und der Ehegatte erhalten als Pflichtteil die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, Eltern 1/3.

Literatur:

  • Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008. Länderbericht Liechtentein
  • Ferid / Firsching / Dörner / Hausmann, Internationales Erbrecht, Länderbericht Fürstentum Liechtenstein (Stand 30.10.2007)