Zehn Steuertipps für Erben

Was Erben nach dem Erbfall noch retten – oder falsch machen können

Erbschaftsteuer zahlen nicht Sie, sondern nur Ihre Erben. Aber für die Erben lohnt es sich, wenn Sie als Erblasser bei Ihrer Nachfolgeregelung Steuerfragen bedenken. Die wichtigsten Gestaltungstipps finden Sie nachstehend. Achtung: Steuerrecht ist kompliziert. Die Regeln sind nachfolgend daher nur vereinfacht dargestellt und ersetzen keine persönliche und individuelle Beratung. Zumal neben der Erbschaftsteuer auch sontige Steuern wie z.B. Einkommensteuer und Grunderwerbsteuer eine Rolle spielen können.

Das Wichtigste kompakt:

1. Formlose Erbschaftsteueranzeige abgeben
In der Regel ist bei Erbschaften oder Schenkungen innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis eine formlose Erbschaftsteueranzeige beim zuständigen ERbschaftsteuerfinanzamt abzugeben. Macht man das zu spät, passiert zwar meist nicht viel, aber eine Garantie gibt es nicht.
2. Belege sammeln und Kontoauszüge des Erblassers nach dem Tod durchsehen
Ein Erbfall kostet oft viel Geld und diese Kosten können in der Regel steuermindernd geltend gemacht werden. Sammeln Sie sorgfältig alle in Betracht kommenden Belege und sehen Sie auch die Kontoauszüge nach dem Todestag durch, ob noch Schulden des Erblassers zu bezahlen waren.
3. Freiwillige Auszahlung Pflichtteile prüfen
Pflichtteile sind in der Regel lästig. Aber sie können auch bei Einvernehmen zwischen Erben und Abkömmlingen des Erblassers gerade beim Berliner Testament helfen, unliebsame Erbschaftsteuer zu vermeiden.
4. Pflichteilsgeltendmachung gegen sich selbst beim Berliner Testament
Wenn die Ehegatten relativ kurz hintereinander (max. 3-4 Jahre) versterben, kann der Schlusserbe den Pflichtteil in der Regel noch gegen sich selbst bzw. „gegenüber dem Finanzamt“ geltend machen, mit der Folge, dass noch nachträglich die Steuerlast des Längerlebenden reduziert und der Freibetrag nach dem Erstversterbenden auch für den Schlusserben nutzbar gemacht werden kann. Der Bundesfinanzhof lässt dies aber grundsätzlich nur zu, wenn der Pflichtteil nach dem Erstversterbenden noch nicht verjährt gewesen wäre.
5. Fiktiven Zugewinn geltend machen
Für den überlebenden Ehepartner, der im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, bleibt der rechnerische Zugewinn auch dann steuerfrei, wenn er ihn gar nicht geltend mach (§ 5 ErbStG). Dann muss er aber gegenüebr dem Finanzamt dargelegt und ggf. auch nachgewiesen werden.
6. Behaltensfristen und "Einzugsfrist" beim Familienwohnheim
Das Familienwohnheim, d.h. die Wohnung in der der Erblasser wohnte und seinen Lebensmittelpunkt hatte, bleibt steuerfrei, wenn der Überlebende Ehepartner 10 Jahre darin wohnen bleibt. Er darf in dieser Zeit weder ausziehen (es sei denn, er muss ins Pflegeheim), noch die Immobilie weiterübertragen, auch nicht unter Nießbrauchsvorbehalt.

Und Kinder (oder Ehepartner), die vorher nicht in der Immobilie gewohnt haben, müssen unverzüglich einziehen, in der Regel inerhalb von 6 Monaten nach dem Todestag.
7. Ausschlagung gegen Abfindung nutzen - 6 Wochenfrist beachten
Ausschlagungen sind gefährlich. Namentlich bekommt der Erbe, der ausschlägt, in der Regel keinen Pflichtteilsanspruch. Und auch bei der sog. „lenkenden Ausschlagung“ zu Gunsten eines Anderen muss man sicher sein, dass der im Falle der Ausschlagung auch wirklich erbt. Aber erbschaftsteuerlich kann die Ausschlagung zur optimalen Nutzung von Freibeträgen nutzbar gemacht werden. Kann man sicher sein, dass z.B. die eigenen Kinder im Fall der Ausschlagung erben , kann man die Ausschlagung gegen Abfindung erklären und erhält so den eigenen Freibetrag für die Abfindung und die Kinder den Freibetrag für die restliche Erbschaft. Aber Achtung: Eine Ausschlagung ist grundsätzlich nur innerhalb von 6 Wochen möglich, Eile (und trotzdem gute Beratung) ist also geboten. Und es können sich Einkommensteuerprobleme ergeben, wenn z.B. vermietete Immobilien oder Firmenbeteiligungen im Nachlass sind.
8. Besteuerungszeitpunkt wählen - vor allem bei Vorschenkungen innerhalb von 10 Jahren
Normalerweise entsteht die Erbschaftsteuer mit dem Erbfall. Und bei Gewährung der Freibeträge werden dann Schenkungen innerhalb der 10 Jahre davor zum Erwerb von Todes wegen dazugerechnet. Man kann den Besteuerungszeitpunkt also nicht wählen. Aber es gibt Ausnahmen: Z.B. bei der Geltendmachung des Pflichtteils. Oder bei vergleichsweiser Beilegung eines Erbschaftststreits. Oder bei der Ausschlagung gegen Abfindung. Wenn man das bedenkt, kann man, gerade wenn die Schenkung „fast 10 Jahre“ her war, noch nachträglich erheblich Steuern sparen.
9. Wertnachweis durch Sachverständigengutachten
Das Finanzamt ermittelt für die werthaltigen Nachlassgegenstände, vor allem Immobilien und Betriebe, die Werte nach den Regeln des Bewertungsgesetzes auf Basis Ihrer Angaben. Aber diese Bewertungsregeln dienen nur einer groben Einschätzung des Verkehrwertes und arbeiten notwendigerweise mit vielen Pauschalierungen, die oft zu Gunsten des Steuerpflichtigen erfolgen, aber nicht immer. Sie können dann dem Finanzamt, auch nachträglich, einen niedrigeren Wert durch einen zeitnahen Verkauf (in der Regel innerhalb eines Jahres) oder eines qualifizierten Sachverständigengutachtens nachweisen. Keine Sorge: Kommt beim Gutachten ein höherer Wert heraus, bleibt es beim niedrigeren Wert des Finazamtes (nur die Gutachterkosten waren vergeblich). Aber Achtung: Die Bewertung durch das Finanzamt erfolgt in einem gesonderten Feststellungsverfahren durch einen eigenen Bescheid, der auch gesonderte angefochten werden muss. Ist der Wertfeststellungsbescheid bestandskräftig, ist es für einen Nachweis durch Gutachten zu spät, selbst wenn der Erbschaftsteuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist.
10. Sonstige Steuern beachten - Einkommensteuer und Grunderwerbsteuer
In der Regel fallen beim Erbfall außer der Erbschaftsteuer keine weiteren Steuern an. Aber es gibt Ausnahmen, namentlich wenn zum Nachlass Grundstücke oder Betriebsvermögen gehört und diese auf die eine oder andere Art weiterübertragen werden, z.B. durch Verkauf, Ausschlagung, Übertragung als Abfindung für Pflichtteile, Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gegen Abfindungszahlung, etc..

Sebastian Höhmann

Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht

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Ihre Fragen – unsere Antworten

Haben Kinder die persönlichen Freibeträge nach jedem Elternteil?
Warum liest man, dass das Berliner Testament erbschafsteuerlich ungünstig ist?
Gilt bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auch steuerlich die sog. Abschmelzung?
Kann ich unter Lebenden ein Familienwohnheim mehrfach steuerfrei an meinen Ehepartner übertragen?
Wie wirkt sich die mehrfache Ausnutzung von Freibeträgen praktisch aus?
Ich möchte Betriebsvermögen vererben, fällt Erbschaftsteuer an?

Haben Kinder die persönlichen Freibeträge nach jedem Elternteil?

Ja, das Erbschafsteuergesetz gewährt die persönlichen Feibeträge nach jedem Erblasser bzw. Schenker. Erbt ein Kind also von beiden Elternteilen etwas, hat es einen Freibetrag von 2 x 400.000 €, erbt es dagegen (wie beim Berliner Testament) nur vom Längerlebenden, beträgt der Freibetrag nur 1 x 400.000 €.

Warum liest man, dass das Berliner Testaments erbschafsteuerlich ungünstig ist?

Beim Berliner Testament setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein, die Kinder erben erst zum Schluss vom Letzversterbenden. Darüber freut sich bei großen Nachlässen das Finanzamt: Denn zum einen fällt vielleicht schon Steuer an, wenn der überlebende Ehegatte den ganzen Nachlass erbt. Und zum anderen bleibt den Freibetrag der Kinder nach dem zuerst versterbenden Elternteil ungenutzt. Und schließlich erben sie dann vom überlebenden Elternteil mehr mit entsprechend höheren Steuern.

Tipp: Durch die Geltendmachung des Pflichtteils und/oder eine lenkende Ausschlagung gegen Abfindung kann man ein Berliner Testament unter Umständen auch nach dem Erbfall noch heilen. Aber gerade für die „lenkende Ausschlagung“ ist Eile geboten, da diese grundsätzlich nur innerhalb von sechs Wochen nach der Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht möglich ist.

Gilt bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auch steuerlich die sog. Abschmelzung?

Nein, ein häufiger Irrtum ist, dass die 10 Jahresfrist des Pflichtteilsrechts – sie regelt, wann ein Pflichtteilsberechtigter von Geschenken profitiert – mit der 10 Jahresfrist des Erbschaftsteuerrechts verwechselt wird. Für beide geltend ganz andere Regeln:

– die erbschafsteuerliche Frist für die Berücksichtigung von Schenkungen beträgt taggenau 10 Jahre. Im Pflichtteilsrecht werden jedes Jahr 10 % von der Schenkung abgeschmolzen

– erbschaftsteuerlich ist die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt unschädlich bzw. sogar günstig. Im Pflichtteilsrecht führt ein Nießbrauchsvorbehalt dagegen dazu, dass die 10 Jahresfrist nicht zu laufen begintt.

– erbschaftsteuerlich sind Schenkungen innerhalb der 10Jahresfrist immer (steuererhöhend) relevant. Im Pflichtteilsrecht kann es sein, dass die Schenkung den Pflichtteil nicht erhöht, z.B. weil der Pflichteilsberechtigte selbst ein Geschenk bekommen hat.

Kann ich unter Lebenden ein Familienwohnheim mehrfach steuerfrei an meinen Ehepartner übertragen?

Ja, entscheidend ist allein, dass zum Zeitpunkt der Übertragung der Lebensmittelpunkt dort lag. Kaufen die Eheleute nach der Übertragung eine neue Immobilie und ziehen dort ein, kann auch die neue Immobilie wieder Familienwohnheim sein, deren Übertragung steuerfrei möglich ist.

Wie wirkt sich die mehrfache Ausnutzung von Freibeträgen praktisch aus?

Beispiel: Die 65jährige Friederike hat ein Mehrfamilienhaus im Wert von aktuell 1,2 Millionen, das sie an ihre heute 35 jährige Tochter Theresa vereben möchte. Im Erbfall müsste T (bei unveränderten Werten und unveränderter Rechtslage) hierauf 1.200.000 € – 400.000 Freibetrag = 800.000 € steuerpflichtiger Wert x 19 % = 152.000 € bezahlen.

Statistisch hat F noch eine Lebenserwartung von mehr als 20 Jahren. Überträgt sie an T sofort einen Anteil von 1/3 an der Immobilie, in 10 Jahren ein weiteres Drittel und den Rest bei ihrem Tod in mehr als 20 Jahren, fällt für keine Übertraung Erbschaftsteuer an, die Tochter hat also 152.000 € Steuern gespart. Wenn F die Einnahmen aus der Immobilie zu Lebzeiten behalten will, vereinbaren sie einen Nießbrauchsvorbehalt. Dann ändert sich an ihrer Einnahmesituation (und den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für) für F nichts und der Wert des Nießbrauchs wird sogar noch bei der Bewertung der Immobilie abgezogen.

Ich möchte Betriebsvermögen übertragen, fällt Erbschafsteuer an?

Eigentlich war alles ganz einfach. Der Gesetzgeber wollte bei der Unternehmensnachfolge am liebsten ganz auf Erbschaftsteuer verzichten bzw. hat diese erheblich steuerlich privilegiert. Dann kam das Bundsverfassungsgericht und mahnte an, dass eine „Verschonung“ nur verfassungsgemäß sei, wenn es dafür wichtige Gemeinwohlgründe wie z.B. den Erhalt von Arbeitsplätzen gäbe. Und seitdem gilt:

Betriebsvermögen wird verschont, aber nur, wenn der Betrieb mindestens fünf Jahre (85 % „Regelverschonung“) oder sieben Jahre (optionale 100 % Verschonung) vom Erben fortgeführt wird. Und nur, wenn die Arbeitplätze, genauer: die Lohnsumme, in dieser Zeit zu 80 % (Regelverschonung) oder sogar zu 100 % (Optionsverschonung) erhalten bleiben. Und auch nur, wenn das Vermögen auch wirklich für den Betrieb und Arbeitsplätze nötig ist, also nicht nur sog. „Verwaltungsvermögen“ im Unternehmen geparkt wird. Vorraussetzung ist ohnehin, dass bei Kapitalgesellschaften eine Mindestbeteiligung vorliegt. Es sei denn, Sie schließen eine sog. Poolvereinbarung ab. Und die Verschonung entfällt nachträglich auch, wenn der Erbe zuviel Geld aus dem Unternehmen herauszieht. Und wenn der Wert des Unternehmens mehr als 26 Mio € beträgt, gelten ohnehin Sonderregeln.

Alles klar? Es tut uns leid, die Verschonung von Betriebsvermögen nach § 13a bis 13c ErbStG ist so kompliziert, dass wir sie hier nicht sinnvoll und veständlich darstellen könnten. Ohne anwaltliche Beratung durch einen Spezialisten in Zusammenarbeit mit Ihrem Steuerberater lässt sich die Unternehmensnachfolge nicht planen und regeln. .