Vor- bzw. Nacherbschaft

Was ist unter Vor- bzw. Nacherbschaft zu verstehen?

Nacherbe ist ein Erbe, der erst zum Erben wird, nachdem vorher ein anderer, der Vorerbe Erbe geworden ist (§ 2101 BGB). Es kann also keinen Vorerben geben, ohne die Existenz eines Nacherben; das gilt genauso umgekehrt. Mit Eintritt des Erbfalls geht die Erbschaft zunächst in das Vermögen des Vorerben über, sodass auch dieser ein Erbe ist. Bis zum Tod des Vorerben verbleibt das geerbte Vermögen als eine gesonderte Vermögensmasse bei ihm. Mit Eintritt des Nacherbfalls geht sie schließlich auf den Nacherben über.

Der Nacherbfall muss aber nicht in jedem Fall mit dem Tod des Vorerben eintreten. Es kann privatautonom ein anderer Zeitpunkt, eine Frist oder ein Ereignis gewählt werden.

Zur Vor- und Nacherbfolge kann es (nur) aufgrund einer Anordnung des Erblassers in einer letztwilligen Verfügung kommen.

Wie weit geht das Verfügungsrecht des Vorerben über das geerbte Vermögen?

Der Vorerbe darf über zum Nachlass gehörende Gegenstände nur eingeschränkt verfügen und unterliegt auch sonst besonderen Beschränkungen und Verwaltungspflichten. Hiervon ist jedoch eine Befreiung durch den Erblasser möglich (sog. befreiter Vorerbe, § 2136 BGB). Ihre Grenze findet aber auch die befreite Vorerbschaft in der Schenkung von Erbschaftsgegenständen; das ist auch mit einer Befreiung nicht möglich, um den Sinn und Zweck der Nacherbschaft nicht zu unterlaufen. Das Vermögen soll in der Regel im vertrauten Kreis, also „in der Familie“ bleiben. So kann der Erblasser mit Kindern aus erster Ehe sicherstellen, dass nach dem Tod des neuen Ehepartners nicht auch dessen Verwandte, sondern nur die eigenen Kinder am Nachlass teilhaben.

Da der Vorerbe nur „Erbe auf Zeit“ ist, wird insbesondere im Grundbuch ein sog. Nacherbenvermerk eingetragen. Dieser stellt sicher, dass bei Grundstücksübertragungen die Rechte des Nacherben beachtet werden.

Achtung: Verwechslungsgefahr!

Ein auf den ersten Blick ähnliches, rechtlich jedoch völlig anderes Instrument der Rechtsordnung ist die Einsetzung eines Schlusserben. Das findet sich in aller Regel im gemeinschaftlichen Testament, wo die beiden Erblasser regeln, dass der gesamte Nachlass des Erstversterbenden auf den überlebenden Ehegatten übergeht und beim zweiten Erbfall („zum Schluss“) auf den Schlusserben (häufig die Kinder). Der wichtige Unterschied zur Nacherbschaft ist, dass die hiesige Konstruktion keine Trennung der Vermögensmassen beim überlebenden Ehegatten vorsieht, d.h., das ererbte Vermögen wird eine Einheit mit dem bereits vorhandenen Vermögen.

Entsprechend differenziert man beim sog. Berliner Testament zwischen der „Trennungslösung“ (überlebender Ehegatte als Vorerbe und Kinder als Nacherben) und der „Einheitslösung“ (überlebender Ehegatte als (Voll-)Erbe des erstversterbenden und Kinder als (Schluss-)Erben des überlebenden Ehegatten).