Vermächtnis und Erbschaft

Was ist unter dem Vermächtnis zu verstehen? Wann ist es ein Erbe, wann ein Vermächtnis?

Vermächtnis und Erbschaft werden von Laien häufig synonym verwandt. Doch rechtlich gesehen besteht zwischen den Begriffen ein gravierender Unterschied.
Der Erbe wird mit dem Erbfall – dem Tod des Erblassers – automatisch Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Der Vermächtnisnehmer hingegen – derjenige der ein Vermächtnis zugedacht erhält – bekommt nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf einen einzelnen Gegenstand. Das bedeutet, mit dem Tod des Erblassers erhält er zunächst nichts Materielles. Er kann lediglich vom Erben den ihm vermachten Gegenstand einfordern. Wenn Letzterer den Gegenstand nicht herausgeben möchte, so kann der Vermächtnisnehmer den Erben verklagen.

Dieses Prinzip funktioniert auch umgekehrt. Man erbt entweder ganz, zu einem Anteil oder gar nicht. Einzelne Gegenstände können nicht vererbt werden. Heißt es im Testament doch, das „Die Briefmarkensammlung erbt die Nachbarin“, dann ist das juristisch zunächst unmöglich. Für gewöhnlich legt man in solchen Fällen das Testament dahingehend aus, dass „erben“ hier nicht im juristischen Sinne gemeint war, sondern laienhaft. Die Nachbarin sollte wohl nicht automatisch am gesamten Nachlass beteiligt werden – auch nicht zu einem Bruchteil – sondern schlicht die Briefmarkensammlung bzw. einen Anspruch hierauf erhalten. Damit wäre sie ein Vermächtnisnehmer.

Genauso wenig ist anzunehmen, dass die Tochter nur einen Anspruch gegen einen anderen Erben bekommen soll, wenn es im Testament heißt: „Mein übriges Vermögen vermache ich meiner Tochter“. Rechtlich gesehen soll sie wohl Erbin werden. Gegebenenfalls soll sie neben ihrem Erbteil zusätzlich ein Vorausvermächtnis erhalten.

Zur Vermeidung von Unklarheiten und Streitigkeiten sollte deshalb bei der Formulierung des Testaments genau darauf geachtet werden, welche Begriffe verwandt werden.
„Beschwert“ mit dem Vermächtnis, also Schuldner des Anspruchs, ist in der Regel der Erbe (§ 2147 S.2 BGB), es kann aber auch ein Vermächtnisnehmer mit einem sog. Untervermächtnis beschwert werden (§ 2147 S. 1 BGB).

Das Vermächtnis entsteht durch letztwillige Verfügung, also Anordnung in einem Testament oder Erbvertrag.