Zwischenstaatliche und mehrstaatliche Verträge

Internationales Erbrecht in zwischenstaatlichen Abkommen

Das internationales Erbrecht regelt, welches nationale Erbrecht auf einen Erbfall anzuwenden ist, wenn dieser Bezug zu mehren Staaten hat. So z.B. wenn ein Deutscher mit letztem Wohnort in Amerika stirbt und eine  Immobilien in der Schweiz hinterlässt. Das war früher fast ausschließlich in nationalen Gesetzen geregelt. Entgegen der Bezeichnung ist also „internationales Erbrecht“ gar nicht unbedingt international geltendes Recht, sondern nationales Recht zur Regelung internationaler Sachverhalte. Und da gab es bis 2015 erhebliche Unterschiede: So stellte z.B. deutsche internationale Erbrecht bis 2015 auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers ab, das schweizerische bis heute auf dessen Wohnort und das amerikanische auf die Lage der Immobilie. Je nachdem in welchem Land man den Richter befragt hätte, hätte der eine deutsche Richter also deutsches Recht, der schweizer Richter amerikanisches Recht und der amerikanische Richter schweizerisches Recht für anwendbar erklärt. Das ein solcher Flickenteppich Probleme bei der Abwicklung macht, kann nicht überraschen. Diese können nur durch Zwischenstaatliche und mehrstaatliche Verträge gelöst werden. Bis 2015 hatte Deutschland nur mit drei Staaten bzw. Staatenverbünden solche Verträge abgeschlossen, nämlich

Auch wenn die Verträge schon sehr alt sind, geltend sie noch heute. Eine erbrechtliche Revolution war daher, dass 2015 die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft trat, die in allen Staaten der EU (mit Ausnahme von Dänemark und Irland) gilt und auf alle Erbfälle Anwendung findet, die  ab dem 17.08.2015 eintraten. Für alle Mitgliedstaaten regelt die EU-ErbVO nun alle Fragen des internationalen Erbrechts einheitlich, wobei die drei vorgenannten Staatsverträge den Regelungen der EU-ErbVO weiterhin vorgehen. Neben Fragen des Internationalen Erbrechts regelt die EU-Erbrechtsverordnung auch Fragen der Formwirksamkeit von Testamenten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Eintrag EU-Erbrechtsverordnung verwiesen. Fragen der Formwirksamkeit von letztwilligen Verfügen regelt auch ein anderer mehrstaatlicher Vetrag, das  Haager Testaments Übereinkommen vom 05.10.1961 zu, das nach wie vor in Kraft ist.  Im Kern regelt es, dass eine letztwillige Verfügung nach der jeweiligen nationalen Rechtsordnung auch dann als wirksam angesehen wird, wenn sie zwar nicht der national vorgeschriebenen Form entspricht, sondern nur der Form gemäß

  • dem Recht des Ortes, an dem die letztwillige Verfügung errichtet wurde;
  • dem Recht des Ortes, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser bei der Verfügung oder bei seinem Tod hatte;
  • dem Recht des Ortes, in dem der Erblasser zur Zeitung der Verfügung oder seines Todes seinen Wohnsitz hatte;
  • soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, dem Recht des Ortes, an dem sich das Vermögen befindet.

Diese Regelung finden sich im Wesentlichen auch (nochmals) in der EU-Erbrechtsverordnung.

15.10.2022 Rechtsanwalt Sebastian Höhmann, Fachanwalt für Erbrecht