Erbrecht in Schweden

und deutsch-schwedisches internationales Erbrecht – Rechtslage in Erbällen seit 17.08.2015

Hinweis: Ausführungen zur Rechtslage in Erbfällen bis 16.08.2015 finden Sie → hier.

1. Welches Recht gilt bei deutsch-schwedischen Erbfällen? (Erbstatut)

Auf alle Erbfälle die am 17.08.2015 oder danach eingetreten sind, kommt in Schweden, ebenso wie in Deutschland, die europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) zur Anwendung. Danach richtet sich das anzuwendende nationale Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Auf den Wohnort der Erben, auf die Lage des Vermögens oder die Staatsangehörigkeit kommt es dagegen für das anwendbare Recht nicht an. Die Staatsangehörigkeit kann nur bei Vorliegen eines Testaments eine Rolle spielen, da der Erblasser in einem Testament abweichend von der EU-ErbVO die Geltung des Rechts seiner Staatsangehörigkeit wählen kann.

Einzelheiten zu den Regelungen der EU-Erbrechtsverordnung finden Sie → hier.

(26.03.2018 Rechtsanwalt Sebastian Höhmann, Fachanwalt für Erbrecht)

2. Gesetzliche Erbfolge, Testament & Erbvertrag, Pflichtteil, Nachlassabwicklung (Materielles Erbecht)

a) Gesetzliche Erbfolge

Nach schwedischem Recht erben andere Personen als in Deutschland, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat und die gesetzliche Erbfolge greift.

Ist der Erblasser in erster Ehe verheiratet, erbt der Ehegatte vor den Kindern – die dann zunächst „leer ausgehen.“ War er in zweiter oder weiterer Ehe liiert, erben die Kinder aus erster Ehe neben der Ehefrau aus der zuletzt bestehenden Ehe.

Der Überlebende kann mit dem Erbe allerdings nicht machen, was er will, da er nur mit einem „freien Verfügungsrecht“ erbt. Dies bedeutet, dass der erbende Ehepartner das Vermögen zwar verwalten, verbrauchen oder veräußern kann. Er darf aber nicht per Testament über dieses Eigentum verfügen (Kap. 3 § 1 ÄB). So soll das Vermögen in der Familie bleiben.

Andere Bestimmungen im schwedischen Erbrecht gehen auf germanisches Recht zurück und sind so geregelt wie in Deutschland auch. War der Erblasser z.B. nicht verheiratet und hatte er keine Kinder, erben als Erben der zweiten Ordnung die Eltern bzw. – wenn diese verstorben sind – die Geschwister des Erblassers.

Generell gibt es aber zahlreiche Unterschiede zum Erbrecht in Deutschland, zu denen wir sie gerne beraten.

b) Testament und Erbvertrag

Die Formvorschriften des schwedischen Erbrechts sind wesentlich strenger als in Deutschland: Der Errichtung müssen zwei Zeugen beiwohnen. Es reicht also nicht aus, den „letzten Willen“ im stillen Kämmerlein auf ein Blatt Papier zu schreiben. Nachdem Schweden und Deutschland Vertragsstaaten des Haager Testamentsabkommens sind, kann ein Testament in Einzelfall aber über das Abkommen bzw. besondere Bestimmungen des schwedischen Gesetzes 1937:81 (IDL) „gerettet“ werden.

Gemeinschaftliche Testamente (z.B. „Berliner Testament“) sind in Schweden zulässig, Erbverträge hingegen nicht (Kap. 17 § 3 ÄB)..

c) Pflichtteil

Nach „Enterbung“ durch Testament pflichtteilsberechtigt sind in Schweden nur Abkömmlinge, also Kinder, Enkel usw. Anders als in Deutschland steht dem Ehegatten und den zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebenden Eltern kein Pflichtteilsrecht zu. Der Ehegatte hat allerdings immer Anspruch auf das Vierfache des allgemeinen und laufend angepassten sozialversicherungsrechtlichen Grundbetrages. Dieser Betrag muss ihm in jedem Fall verbleiben.

Der Pflichtteilsberechtigte hat die Stellung eines Miterben (sog. Noterbrecht) und ist dinglich am Nachlass zu beteiligen. Auch das schwedische Noterbrecht kann aber verjähren. Der Anspruch auf Abänderung der Erbteile ist innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Testaments gegenüber den testamentarischen Erben oder durch Klageerhebung geltend zu machen, Kap. 7 § 3 Abs. 3 ÄB.

d) Nachlassabwicklung

Die Erben müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Erbfall ein Nachlassverzeichnis erstellen und bei der zuständigen Steuerbehörde einreichen. Bei Fällen mit Auslandsbezug kann diese Frist auf Antrag verlängert werden.

Der Feststellung, was zum Nachlass gehört (boutredning), folgt in der Regel die Registrierung des Nachlassverzeichnisses durch die zuständige Steuerbehörde, was als Erbschein dient.

Nachlassfeststellung und Erbauseinandersetzung (arvskifte) richten sich nach schwedischem Recht, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes in Schweden gewohnt hat (hemvist), schwedischer Staatsangehöriger war oder Eigentum in Schweden hinterlässt (Kap. 2 §§ 1-6 IDL).  Wenn die Erben sich einig sind, können sie die Erbangelegenheit aber auch in das Heimatland des Erblassers „ziehen“.

Literatur und Informationen zum schwedischen Erbrecht:

Süß, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht
4. Auflage 2018; E. Johansson, Erbrecht in Schweden, in: R. Süß, Erbrecht in Europa, 3. Aufl. 2015

//www.successions-europe.eu/de/sweden/topics